Studium trotz Vollzeitjob

Heike Schulze sprach mit Mathias Siebert über die Hochschule, das Studium und den Alltag.

Mathias, möchten Sie sich kurz vorstellen? Na klar. Ich bin Brandenburger, 24 Jahre alt, habe mein Abi 2010 gemacht und im vergangenen Jahr meine Ausbildung zum Personaldienstleistungskaufmann abgeschlossen, um ein halbes Jahr verkürzt übrigens. Seitdem arbeite ich Vollzeit bei der Südwind Personalservice GmbH und studiere daneben berufsbegleitend Betriebswirtschaftslehre im Bachelor. Ich habe meine Freundin und außerdem eine 19 Monate alte Französische Bulldogge, Elmo, einen Hunde-Teenie sozusagen und viele Freunde.

Was hat Sie motiviert, ein berufsbegleitendes Studium zu beginnen?  Dass ich studiere, steht schon lange fest. Wann, was und wie wusste ich erst gegen Ende meiner Ausbildung. Auch, dass viele interessante Positionen in Unternehmen nur mit einem mindestens Bachelor-Abschluss zu erreichen sind. Zu diesem Zeitpunkt war klar, dass es ein berufsbegleitendes Studium wird. Drei Jahre nur Uni, das wär nichts für mich. Für mich wird es persönliche Genugtuung sein, etwas in dreieinhalb Jahren mit Vollzeit-Job zu schaffen, wofür andere allein schon drei Jahre ihres Lebens aufwenden.

Wie sind Sie auf dieses Studienformat aufmerksam geworden? Meine Chefin in der Firma hatte berufsbegleitend studiert und mir diese Studienform wärmstens empfohlen. Und es gab einen Info-Abend an der damals noch Fachhochschule Brandenburg. Den haben Anett Wolf und Sabine Brandt gemacht. Sehr informativ, meine Freundin habe ich gleich mitgenommen, damit deutlich wird, was auf uns zukommen würde.

Wie haben Sie Ihre Hochschule gewählt? Warum die THB? Wie schon gesagt, ich bin aus Brandenburg, habe es also nicht weit, weder zur Firma noch zur Hochschule. Das ist ein Riesenvorteil. Die Kosten für das Studium halten sich in Grenzen, woanders muss für dieselbe Leistung deutlich mehr Geld auf den Tisch gelegt werden. Ich bezahle pro Semester incl. Verwaltungsgebühr etwas über 600,- €.

Was ist aus Ihrer Sicht das Beste am berufsbegleitenden Studium? Ich lerne neue Leute kennen, die vor allen Dingen so ticken wie ich. Genau das ist im beruflichen Alltag schwierig. Da bleibt es in der Regel bei den Kollegen.

Wie sehen Ihr Alltag und eine normale Woche mit einer Präsenz an der Hochschule aus? Soll ich kurz meinen Tagesablauf skizzieren? Okay: Der Wecker klingelt 5.30 Uhr, dann geht es kurz mit dem Hund raus. Von 6.00 bis 7.30 Uhr bin ich im Fitnesstudio, dann duschen und in die Firma. Frühstück esse ich dort nebenher, denn von 8.00 bis 17.00 Uhr wird gearbeitet, zum Glück fürs Studium selten länger. Es folgt wieder eine Runde mit Elmo, diesmal eine große und so oft wie möglich gemeinsam mit meiner Freundin, die im Übrigen froh ist, dass ich meinen täglichen Sport morgens schon „erledigt“ habe. Ja, und nach dem Abendessen und etwas Haushalt wird studiert, täglich mindestens eine halbe bis eine Stunde. Jeden Mittwoch lernen wir zu dritt von 18.00 bis 20.00 Uhr in der Lerngruppe. Na und freitags und samstags ist 14-tägig Präsenz an der Hochschule. Am Wochenende studiere ich gern früh am Morgen, ich bin einfach notorischer Frühaufsteher.

Fehlt Ihnen die Atmosphäre eines „normalen“ Studiums? Nee… wirklich nicht. Für mich ist das wie „in den Tag hinein leben“, um nicht ganz drastisch „Lotterleben“ zu sagen. Ich hatte eine solche Phase nach dem Abi, nur kurz und im Nachhinein sehr unbefriedigend. Jede Minute, die man sich nicht weiterentwickelt, ist wie verschenkt. Bis 30 will ich meine Grundsteine fürs Leben gelegt haben, sowohl beruflich als auch privat.

Wie ist das Studium aufgebaut? Was wird in den Vorlesungen vermittelt? Das ist zwar von Dozent zu Dozent sehr unterschiedlich, aber in jedem Fall viel, viel Theorie und oft irgendwie zu viele Inhalte in den Vorlesungen. Ich bin der „Learning by doing“ Typ und verstehe mit meinen Praxiserfahrungen die Grundgedanken hinter den Vorgängen, die vermittelt werden, aber das ist nicht bei allen so. Vollzeitstudierenden fehlt dieser Hintergrund oft völlig. Gelernt werden muss alles, sonst fehlt später Basiswissen.

Haben Sie eine/n Dozenten/in, die/den Sie am meisten mögen? Mein liebster ist Dr. Schlichting, unser Mathematiker. Eigentlich Theoretiker, aber er gestaltet seine Vorlesungen, man kann problemlos folgen. Und er hat sogar seine Handynummer herausgegeben und war für unsere Lerngruppe am späten Mittwochabend verfügbar. Das muss man erstmal machen. Ähnlich gut finde ich unseren Dozenten für Buchhaltung, Herrn Hannemann. Er erklärt verständlich und nachvollziehbar, das ist wirklich wichtig.

Wie finden Sie Ihre Betreuung durch die Hochschule? Gut, aber ich selbst brauche sie eigentlich nicht. Anett Wolf und Sabine Brandt sind für uns da und sehr engagiert.

Was möchten Sie nach Ihrem Studium machen? Bleiben Sie dort, wo Sie jetzt arbeiten oder planen Sie einen Arbeitsplatzwechsel? Ich würde gern woanders arbeiten, würde mich freuen über eine Führungsposition im Controlling oder Rechnungswesen. Infrage kommen natürlich Brandenburg a.d. Havel, Berlin, Potsdam oder Magdeburg. Das weiß auch jeder in meiner Firma, die berufliche Perspektive hat in meinem Alter Vorrang vor allem anderen.

Ein berufsbegleitendes Studium bedeutet viel Arbeit und ein hohes Maß an Selbstdisziplin. Studiert wird nach der Arbeit und auch, wenn andere längst schlafen. Ist das überhaupt zu schaffen? Hart aber machbar. Und es ist gut angelegte Zeit. Für mich kommt nur so etwas infrage.

Welchen Tipp würden Sie künftigen Studierenden mit auf den Weg geben? Studiert berufsbegleitend, das ist eine unbedingte Empfehlung. Alles andere ist aus meiner Sicht verschenkte Lebenszeit. Und ich würde immer versuchen, nicht nur allein zu lernen. Mit anderen ist es leichter (manchmal auch einfach geselliger.)

Würden Sie sich wieder für dieses Studienformat entscheiden? Auf jeden Fall. Ich denke jetzt schon an einen berufsbegleitenden Master…

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